Oje, die Züchterfrage gestaltet sich zunehmend schwierig. Ich komme mir inzwischen so vor, als wolle ich in einen Geheimzirkel aufgenommen werden und weiß die richtige Losung nicht. Wir wünschen uns einen Flat und das von Herzen. Ja, wir sind bedingt durch meinen Job geburtsterminmäßig sehr eingeschränkt, will meinen, der Welpe muss allerspätestens Mitte August bei uns einziehen, sonst haben wir in der ersten und wichtigen Phase zu wenig Zeit für ihn, da kann ich es drehen und wenden, wie ich will.
Ich bin mir ganz sicher, dass der Flat bei uns ein sehr liebevolles Zuhause finden wird. Zusätzlich haben wir sehr hundeliebe und auch hundeerfahrene Unterstützung in unserem Familien– und Freundeskreis. Und ich hoffe, dass der Kontakt zu Caroline nicht abbricht. Das fänden mein Freund und ich nämlich wirklich schade.
Wir möchten unseren Flat auch auslasten, das ist uns sehr wichtig und wir freuen uns auch darauf. Doch da liegt der Hase im Pfeffer. Fast jede Züchterin hat ganz eigene Vorstellungen wie diese Auslastung aussehen soll. Die eine sagt „Dummytraining, oder du kriegst keinen Flat“, die andere sagt „Dummytraining im DRC (Deutscher Retriever Club), andere Sportarten dazu sind ok, aber zuerst Dummytraining, sonst lernt der Hund etwas Falsches“. Wieder eine andere sagt „Hundeschule, aber auf jeden Fall eine vom DRC, keine andere“. Die nächste meint, „Die Sportart ist egal, aber der Flat sollte auf Ausstellungen zu sehen sein.“ Um nur eine Auswahl zu nennen. So sind es n Züchter und n+1 Meinungen. (Jaja, ich komme aus dem sogenannten MINT-Bereich, sprich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik.) Und eigentlich sollte man möglichst in unmittelbarer Nähe zum Züchter wohnen.
Ich finde es toll, wieviel Mühe sich die Züchter mit den Welpenkäufern geben. Wie sie auch nach dem Kauf mit Rat und Tat zur Seite stehen, vielfältige Angebote an Welpe und Halter machen und dass sie regelmäßige Welpentreffen initiieren. Damals haben wir Shadow gekauft und das war es dann. „Fire and forget“, wie der Rollenspieler sagen würde. Ich bin begeistert, dass es jetzt anders ist. Und dafür nehmen wir auch gerne den meist langen Weg auf uns.
Wie gesagt, wir möchten unseren Hund auslasten. Retriever, egal welche der sechs Rassen, sind prädestiniert für’s „Retrieven“ also für die Dummyarbeit. Wir möchten etwas finden an dem wir alle, vor allem aber der Flat, Freude haben. Wenn er — ganz untypisch, das gebe ich zu — ein Apportel (also dieses Säckchen zum Suchen und Holen) total unspannend findet, dann werden wir ihn nicht zwingen. Ich habe dank Caroline einen kleinen Einblick in die Dummyarbeit gewonnen und hatte Spaß dabei (und eine Lungenentzündung davongetragen, was meine Entscheidungsfindung jedoch in keinster Weise beeinflussen wird). Ich habe weder Agility, Trickdogging, Fährtenarbeit oder Mantrailing, Flyball, Obedience, Dogdancing und was die Hundesportwelt sonst noch so bereithält probiert. Außerdem war ich noch nie auf einer Hundeausstellung. Diesen Zustand möchte ich ändern. Demnächst besuche ich, weil die Gelegenheit grad günstig ist, eine Ausstellung. Wenn Agnes zurück ist, werde ich mir mit ihr Agility, Fährtenarbeit und Obedience einmal ansehen. Und ich finde es nach wie vor interessant, eine Assistenzhundeausbildung zu versuchen. Sofern das Fellknäuel Spaß daran hat. Das ist die allerwichtigste Voraussetzung!
Ich habe von Anfang an mit offenen Karten gespielt. Sowohl was den Termin angeht, als auch die Tatsache, dass wir uns bei mehreren Züchtern umhören, da wir weder wissen, ob es genug Welpen werden, noch ob einer der Züchter bereit ist, uns einen Welpen zu geben. Die Züchter sagen uns weder, ob wir überhaupt eine Chance haben, noch wo wir auf der „Warteliste“ stehen. Caroline und Darcys Frauchen waren da eine Ausnahme. Alle anderen sind skeptisch, weil wir ehrlich waren, was die Erfahrung mit dem Hundesport angeht. Es ist unser erster eigener Hund. Es ist unser erster Flat. Meine Hundeerfahrungen beschränken sich auf unseren Irish Setter (damals war ich 12 Jahre alt, als er zu uns kam und 23 Jahre alt, als er starb) und ganz ehrlich, damals war weder von Hundesport, noch von Auslastung die Rede. Da hieß es, dreimal am Tag spazieren gehen, wenigstens eine Stunde pro Spaziergang, und so haben wir es gemacht. Ich behaupte, unser Hund hätte an irgendeiner Sportart sicher viel Spaß gehabt. Auf keinem Fall am Dummytraining und schon gar nicht an irgendetwas, das mit Wasser zu tun gehabt hätte. Das Autofahren hat er bis ins hohe Alter verabscheut. Shadow hatte es mit uns Kindern anfangs sicher nicht ganz leicht, aber er war ein unglaublich lieber, geduldiger, freundlicher, begeisterungsfähiger und lebensfroher Hund. Wir können also nicht alles falsch gemacht haben.
Unsere geringe Vorerfahrung und unsere Bereitschaft, ehrlich im Bezug auf die Auslastung und die Züchterfrage zu sein, katapultiert uns in eine zunehmend schlechtere Lage. Man ist misstrauisch, befürchtet, wir würden einem „nur zum Munde“ reden, wenn wir sagen, wir hätten uns das Dummytraining angesehen und Spaß daran gehabt. Letztendlich scheinen die Zweifel bei uns als potentiellem Welpenkäufer groß zu sein. Ich weiß nicht, was wir falsch machen. Das stimmt mich traurig und ängstlich. Ich freue mich so sehr auf das Fellknäuel, aber haben wir überhaupt eine Chance?
Natürlich müssen die Züchter planen. Sie wollen keine Welpenkäufer, die in letzter Minute abspringen. Verstehe ich sehr gut. Aber sie machen es einem auch nicht leicht. Wären sie etwas auskunftsfreudiger (wobei die Welpenanzahl natürlich eine entscheidende Rolle spielt und nicht planbar ist), könnten sie und wir viel besser planen.
Sabrina sagte nur: „Pff, sag den Leuten, was sie hören wollen und geh danach nie wieder ans Telefon, wenn sie anrufen.“ Das werde ich nicht tun. Ich hoffe auf einen guten Kontakt zu der Züchterin meines zukünftigen Welpen. Auch nachdem wir das Fellknäuel bei uns aufgenommen haben. Währt ehrlich wirklich immer am längsten? Vielleicht müsste es heißen, „Ehrlich wartet am längsten.“? Bei uns heißt es inzwischen Hoffen und Bangen. Es naht die Zeit der Entscheidung. Dann werden wir entweder sehr glücklich oder sehr traurig sein.